Unüberschaubar ist die Zahl vorösterlicher Passionsmusiken. Kaum aber wird man einem derart eigenartigen Umgang mit dem fundamentalen Glaubensthema des Christentums begegnen wie in der Rappresentazione sacra al Santissimo Sepolcro, die sich um die Mitte des 17. Jahrhunderts am Wiener Kaiserhof herausbildete: eine szenische Darstellung der Ereignisse am Grabe Christi zu einer Musik, die entweder vom jeweiligen Hofkapellmeister oder (seit 1660) von seiner Majestät Leopold I. höchstselbst verfasst wurde.
Die vorliegende Produktion stellt das »Sepolcro« des Jahres 1667 vor, das ein italienischer »Topstar« vertont hat: der Franziskaner Antonio Cesti (1623–1669). Der neue kaiserliche Maestro di capella lässt das heilige Opfer von den allegorischen Gestalten der Natur und ihrer vier Elemente betrauern, weshalb denn auch die Wasser rieseln, die Lüfte wehen und die Flammen lodern – der Meister der Oper kann sich nicht verleugnen.